Dienstag, 16. Juli 2019

Gastfreundschaft in Kasachstan

Als wir mit dem Essen fertig sind, gehen wir zu einem Einkaufszentrum um uns für die nächsten Tage mit Essen einzudecken.
Als wir gerade unsere Einkäufe in unseren Radtaschen verstauen, kommt eine Gruppe Männer auf uns zu. Erstaunt über unsere zwei Vehikel, wollen sie wissen was wir machen. Sie sind ziemlich erstaunt über unser Vorhaben und laden uns zum "Fastenessen"ein. So nennt man das gemeinsame Essen nach Sonnenuntergang während des Ramadan. Obwohl unsere Bäuche noch sehr voll sind und wir uns eigentlich kaum bewegen können, sagen wir zu. Wir verabreden uns für 20:30 bei einem Restaurant, Sonnenuntergang ist heute um 21:13. 
Als wir gerade durch die Stadt zum Treffpunkt fahren, hält ein recht teurer Wagen neben uns und Tallgat, der Fahrer, fragt uns im perfekten Englisch, ob wir für heute schon einen Schlafplatz haben. Wir verneinen. Er gibt uns seine Nummer und sagt wir sollen ihn anrufen, wenn wir mit dem Abendessen fertig sind. Erstaunt über so viel Gastfreundschaft fahren wir weiter, beim Restaurant angekommen werden wir auch schon erwartet. Eine Gruppe von circa 18 Männern und Frauen wartet schon sehnsüchtig auf den Untergang der Sonne. 

köstliche Speisen beim Fastenessen

In den nächsten 45. Minuten bekommen wir eine schnelle Stadtführung, durch das historische Zentrum von Atyrau. Besonders beeindruckt mich der Fluss, er teilt die Stadt in eine europäische und in eine asiatische Hälfte. Es ist komisch zu wissen dass 70 Meter neben uns ein anderer Kontinent beginnt.
Ich habe wirklich großen Respekt vor den Leuten, die den Ramadan durchstehen, sie trinken und essen nichts in der Zeit wenn die Sonne scheint und das für den Zeitraum eines ganzen Monats. Kranke, Alte, Schwangere und Kinder sind natürlich ausgenommen.
Mir fällt es schon schwer innerhalb der nächsten 45 Minuten nichts zu trinken, denn es ist ein echt heißer Tag. 
Das Abendessen ist wirklich wunderbar, es wird ein Gang nach dem anderen aufgetischt und zum zweiten Mal an diesem Tag schlagen wir uns den Bauch voll. 
Nach dem Essen rufen wir Tallgat an, er schickt uns seine Adresse und wir fahren zu ihm, mittlerweile ist es kurz nach 23 Uhr. Als er sich von uns verabschiedet und aus dem Appartement geht merken wir, dass er uns eine AirBnb Wohnung gemietet hat, wir dürfen die nächsten zwei Nächte in ihr wohnen. Mit dem haben wir nicht gerechnet, eine Wohnung ganz für uns alleine!
Die kasachische Gastfreundschaft erstaunt uns immer mehr!
Es tut gut eine kleine Pause einzulegen, wir erledigen einige organisatorische Dinge und entspannen etwas.

unser Gastgeber Tallgat in Atyrau 

Nach zwei erholsamen Tagen geht es weiter und zurück in die Wüste. Die Landschaft ist sehr eintönig, die Monotonie wird nur zeitweise von, der sich am Rande der Straße befindenten, ausgetrockneten Salzseen unterbrochen.
In Qulsary füllen wir unsere Wassertanks auf, insgesamt haben wir 35 Liter Wasser geladen. Laut unserer Karte soll nämlich die nächsten 200 Kilometer kein Dorf kommen und wir wollen nicht riskieren zu verdursten. 

endlose Weiten in Kasachstan 

Unsere Sorgen sind aber unbegründet, alle 40 - 50 Kilometer kommt immer wieder mal eine Tankstelle, die auf der Karte nicht sichtbar war. Vielen Leuten begegnen wir nicht, dafür aber umso mehr Kamelen. Die Nächte verbringen wir meistens auf dem ausgetrockneten Grund der Seen. Unser Ziel, Beineu, eine Stadt im Südosten des Landes rückt immer näher, am vorletzten Tag unserer Ankunft haben wir fast den ganzen Tag über Rückenwind, so erreichen wir unsere persönliche Bestmarke von 151 Kilometern.

einer der unzähligen ausgetrockneten Salzseen

Am nächsten Tag erreichen wir Beineu. Als wir gerade vergebens auf der Suche nach einem Bankomaten sind und verzweifelt unter einem Hausdach Schutz vor dem Regen suchen, sieht uns ein junger Kasache dem wir mit Händen und Füßen unser Bankomatenproblem erklären. Er bietet uns an, einen von uns mit seinem Auto zu einer Bank zu führen. Während Elias bei den Rädern wartet steige ich zu ihm in den Wagen. Zum zweiten Mal auf dieser Reise überkommt mich das Gefühl entführt zu werden, wir fahren irgendwelche schmalen Gassen entlang bis wir endlich vor einer Bank stehen, die Orientierung habe ich längst verloren. Der Automat funktioniert nicht...dieses Problem sollte uns in Zukunft noch häufiger begegnen, es scheint hier aber ganz normal zu sein, dass Bankomaten einfach nicht funktionieren. Der junge Mann ruft einen Kumpel an, der ihm sagt wo es eine weitere Bank gibt, zumindest glaube ich das, ich habe ja kein Wort verstanden und mein Fahrer spricht keinen Satz englisch. Diese Umstände tragen nicht unbedingt zu meiner Beruhigung bei. Wir fahren zu einer anderen Bank und endlich! Es klappt! Der Automat spuckt Geld aus. Knappe 25 Minuten später fahren wir wieder zurück zu den Rädern.
Elias war auch schon etwas unruhig und besorgt. Er dachte auch, dass ich entführt und ausgeraubt werde.

Mich ärgert es, dass ich dem Fahrer nicht von Anfang an vertraut habe. Ich ertappe mich immer öfters dabei, dass ich, obwohl ich mich als einen vorurteilsfreien Menschen sehe, anscheinend doch einige Vorurteile habe. 

Nachdem wir uns jetzt keine weiteren Sorgen um Geld machen müssen, haben wir uns ein Hotel gesucht. Eigentlich wollen wir am nächsten Morgen weiterfahren und Kurs auf die usbekische Grenze nehmen. Doch als wir die anderen Gäste im Hotel kennenlernen und beschließen gemeinsam Abendessen zu gehen, ist schnell klar, dass es nicht bei einer Nacht bleiben wird. 
Es freut uns sehr andere Reisende zu treffen und Erlebnisse mit ihnen zu teilen. Man trifft die unterschiedlichsten Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen.
Ab jetzt werden wir wohl öfters in den Genuss kommen anderen Abenteurern zu begegnen, denn Beineu gilt als Drehscheibe für Reisende. Hier treffen all jene, die die südeuropäische Route über Griechenland, Türkei, Georgien, Armenien, Aserbaidschan und dem Roten Meer nehmen auf diejenigen, die die Nordroute über Russland wählen. Da das Ziel der meisten die alte Seidenstraße ist kreuzen sich hier die Wege.
Die zwei Tage in Beineu sind schnell rum und so schwingen wir uns am Morgen des dritten Tages voller Vorfreude auf Usbekistan wieder auf unsere Drahtesel und fahren in Richtung Grenze! In einem Tag sollten wir dort sein...


до ско́рого!
Fabio

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