Dienstag, 18. Juni 2019

Willkommen in Kasachstan!

Wir trinken also genüsslich unser „Gösser Bier“, bevor es am nächsten Tag an die kasachische Grenze geht. Kasachstan. Irgendwie sind wir mittlerweile echt schon weit weg...von Russland hört man immerhin noch regelmäßig in den Nachrichten, aber Kasachstan ist wahrscheinlich das erste richtig exotische Land auf unserer Reise.
Wir packen unsere Sachen und machen uns auf den Weg zur Grenze. Einige meinten, dass wir mit den Rädern die Grenze nicht überqueren dürften, da zwischen dem russischen und kasachischen Grenzposten eine zehn Kilometer lange neutrale Zone ist. Naja, wir werden unser Glück versuchen und vielleicht dürfen wir die Grenze ja mit unseren geliebten Gefährten überqueren. Nach ca 40 Kilometer kommen wir am russischen Grenzposten an. Die Grenzbeamten sind (wieder einmal) extrem nett und lassen uns nach einer kurzen Kontrolle weiter radeln! Nun befinden wir uns in dieser „neutralen Zone“, ca neun Kilometer vor Kasachstan. Ich habe ein extrem gutes Gefühl und freue mich wie ein kleines Kind auf dieses Land! Ich weiß jetzt schon, dass wir uns in Kasachstan extrem wohl fühlen werden...
Von weiten sehen wir auf einer Brücke zwei kasachische Grenzsoldaten, die uns mit einem breiten Grinsen und einem unglaubwürdigen Blick empfangen. Sie können es, glaube ich, nicht fassen, dass wir aus Österreich bis hier her mit dem Rad gefahren sind. Einer der zwei Grenzsoldaten fragt uns ob er ein Selfie mit uns machen kann, dies verneinen wir natürlich nicht!


Einer der zwei kasachischen Grenzsoldaten

Nach ca 20min sind wir endgültig in Kasachstan. Eine so schlechte Straße, dass wir mit unseren 17km/h LKW‘s (!!!) überholen, heißt uns in Kasachstan willkommen. Wir sind nun in der vollsten Einöde und kommen die nächsten Tage, trotz schlechter Straße super voran. Die ersten Kamele begegnen uns, neben der Straße und teilweise auch auf der Straße! Von gefühlt jedem Auto werden wir angehupt und in Kasachstan willkommen geheißen. Wir fühlen uns wie richtige Superstars, jeden Tag werden Fotos mit uns gemacht, wir werden angestarrt, als hätten sie noch nie ein Rad gesehen. 
Es scheint sich aber wieder ein Problem aufzutun. Wie immer bei Grenzübertritten haben wir keine lokale Währung dabei und bis zum nächsten, „angeblichen“ Bankomat sind es noch über 150km. Leider essen wir schon seit zwei Tagen nur Reis mit Salz...naja, da muss man durch! Wir entschließen uns dazu, Gas zu geben, damit wir möglichst bald zu Geld kommen. Mit Bankomatkarte zu zahlen funktioniert nur in den größeren Städten Kasachstans. Bankomaten sind ebenso Mangelware! In unserer westlichen Welt ist das garnicht mehr vorstellbar...
Nach einigen sehr intensiven Radltagen machen wir bei einer gedachten „Jausenstation“ Pause. Wir essen unseren Reis mit Salz und merken, wie fast jedes Auto stehen bleibt. Nein es ist keine „Jausenstation“ sondern eine „Gebetsstelle“! Aber niemanden stört unsere Anwesenheit, wir bekommen sogar etwas Essen und Wasser geschenkt! Nach ca zehn Minuten Pause kommt ein älterer, etwas zerbrechlich wirkender Mann uns setzt sich neben uns. Er beginnt ein Gebet aufzusprechen...ein sehr berührender Moment für mich. Mir wird bewusst, dass ich mittlerweile in einer ganz anderen Kultur bin.
Noch am gleichen Tag begegnen wir den ersten Radreisenden! Einem Pärchen aus Sankt Petersburg die sich auf den letzten Kilometern ihrer zweijährigen Radweltreise befinden! Eine weitere schöne Begegnung, zu wissen das wir nicht die einzigen sind die sich auf so eine Reise eingelassen haben.


Die Begegnung mit den zwei russischen Radreisenden


Das war aber nicht die einzige Begegnung, ca 250km vor Atyrau, die erste und auch einzige größere Stadt Kasachstan die wir durchqueren werden, fahren zwei Motorradfahrer mit einem österreichischen Kennzeichen an uns vorbei! Wir fuchteln mit Hand und Fuß und hoffen das sie anhalten. Sie halten an, wir können unser Glück nicht fassen! Hannes und Karola aus Weiz. Seit ca zwei einhalb Monaten hören wir wieder zum ersten Mal jemanden steirisch reden! Irgendwo in der kasachischen Steppe!



Hannes aus Weiz


Nach der Begegnung fahren wir wieder weiter, haben extremen Gegenwind. Ca 5 Minuten später haltet ein deutsches Wohnmobil an! Die zwei Herren kommen aus Münster und machen eine fünfwöchige Tour. Von steirisch zu hochdeutsch in nur fünf Minuten! Wir verstehen auch nicht wirklich was hier gerade abgeht. Na gut, nun sind wir schon eine Stunde auf der Straße und haben bisher genau vier Kilometer geschafft. Uns fehlen noch ca 25km bis zum Geldautomat. Der sollte sich nämlich im kleinen Dorf namens „Aqqystau“ befinden. Wir kommen komplett erschöpft im Ort an und machen uns auf die Suche nach dem Bankomat, finden tun wir ihn aber nicht. Letztendlich helfen uns zwei einheimische Jugendliche. Endlich sind wir wieder im Besitz von Geld! Die darauffolgende Pause ist für uns beide eine sehr geschmacksintensive! Endlich wieder Schokolade, Käse, Wurst, Brot...herrlich! Wir fahren fast jeden Tag um die 90 Kilometer um so schnell wie möglich in Atyrau anzukommen. Hier gibt es halt wirklich nichts, außer Strommasten, Kamele und endlose Weiten. 



Die endlosen Weiten in Kasachstan


Die letzten Kilometer nach Atyrau begleitet uns ein heftiger Sturm! Seiten und Gegenwind. Wir können teilweise garnicht mehr fahren, sondern müssen schieben. Wir stellen unser Stativ auf um einige Fotos zu machen und aufeinmal kippt das Stativ inklusive Kamera um. Unser Objektiv ist kaputt...nun haben wir nur noch eines, und dies ist nur für landschaftliche Aufnahmen gedacht. Für die letzten 35km nach Atyrau brauchen wir auch noch über drei Stunden, als wäre die Situation nicht eh schon beschissen genug. Komplett entkräftet kommen wir in Atyrau an und machen uns auf die Suche nach einem Restaurant um etwas runterzukommen.




Trotz der anstrengenden letzten Tage verloren wir unseren Grinser nicht! 


хош бол

Elias

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Montag, 10. Juni 2019

Erste Härteproben

Nachdem wir einige Tage in Wolgograd verbracht haben ist es jetzt wieder Zeit weiter zu fahren. Wir haben nicht wirklich Ahnung was uns die letzten knappen 450 Kilometer entlang der Wolga bis nach Astrachan erwarten wird.
Auf den Bildern von Google Maps sieht alles sehr grün und saftig aus.
Als wir gerade packen kommt unser Gastgeber zu uns ins Zimmer gibt uns ein großes Sackerl voll mit Proviant und sagt uns, dass er eine Freundin in Astrachan hat, bei der wir übernachten können. Als wäre das nicht schon toll genug schreibt uns diese wenig später, dass sie Bekannte in Akhtubinsk, einer kleinen Stadt zwischen Wolgograd und Astrachan, hat, die wir ebenfalls besuchen können.

Begleitet von unseren Gastgebern Yury und Alex fahren wir über die sieben Kilometer lange "Wolgograd Brücke" auf die andere Seite der Wolga und hinaus aus der Stadt.

auf nach Astrachan! 

Schon im Vorfeld haben wir erfahren, dass es entlang der Wolga von Schlangen nur so wimmeln soll. Da Schlangen nicht gerade zu meinen Lieblingstieren zählen, fahre ich mit einem mulmigen Gefühl los. Es dauert auch nicht lange bis wir das erste tote Tier am Straßenrand sehen. Das sollte sich, wie ich in den kommenden Tagen erfahren werde, auch bis Astrachan nicht mehr ändern.
Da wir ja planen einen Zwischenstopp in Akthubinsk zu machen, wählen wir die Strecke links neben der Wolga, sie ist zwar etwas länger, dafür aber nicht so stark befahren wie die E119 auf der anderen Seite.
Nach nur zwei Tagen kommen wir in Akthubinsk an. Kurz vor der Stadt, als wir gerade Halt machen wollen um unseren Gastgebern zu schreiben wo genau wir denn hin müssen, fängt es auf einmal an zu regnen. Aber es ist kein gewöhnlicher Regen! Es schüttet wie noch nie zuvor, binnen weniger Sekunden sind wir klatschnass! Das Wasser rinnt uns in Strömen über das Gesicht und mindert unsere Sicht, die Regentropfen prasseln mit einer solchen Wucht auf uns herab, dass es sich anfühlt wie tausende Stiche im Rücken. Wir fahren noch circa fünf Minuten bis wir eine Tankstelle finden, bei der wir uns unter stellen und Schutz suchen. Es gibt keine trockene Stelle mehr an unseren Körpern, es ist als wären wir in voller Montur in einen See gesprungen.
Nach insgesamt zwanzig Minuten ist der ganze Spuk aber auch schon vorbei und die Sonne strahlt wieder vom Himmel. Im großen und ganzen war es eine angenehme Abkühlung.
Unsere Gastgeber holen uns mit dem Auto an der Tankstelle ab und wir fahren Ihnen hinterher, leider haben wir im Durcheinander des Regens unseren Stick für die Action Kamera verloren. Das ist ziemlich ärgerlich, jetzt müssen wir irgendwo einen neuen auftreiben.
Nach einer Dusche erkunden wir, begleitet von unseren Gastgebern Mary und Maxim die kleine Stadt Akthubinsk.

das Rathaus von Akthubinsk 

ein Denkmal für verstorbene Militärpiloten

Am Abend will Mary uns einen kleinen Vorgeschmack auf Tokyo geben und bestellt bei einem japanischen Restaurant Sushi. Dazu gibt es Wein, sehr lecker!

Mary und Maxim


Der nächste Morgen beginnt mit einer weiteren Überraschung, Maxim und Mary sind selber begeisterte Radler und besitzen ein kleines Sportgeschäft, Maxim bietet uns an unsere Räder einem kleinen Service zu unterziehen und sie auf Herz und Nieren zu untersuchen. Dieses Angebot nehmen wir natürlich dankend an.

Maxim bring unsere Räder auf Vordermann 

Gegen 11 Uhr am Vormittag geht es aber auch schon weiter. Wir haben ja nur ein 30 Tages Visum und wollen nicht am eigenen Leib herausfinden was passiert, wenn man es selbständig "verlängert".

Die nächsten Tage sind wir sehr gut unterwegs, wir fahren zwischen 80 und 100 Kilometern am Tag. Es ist fantastisch zu sehen wie sich die Landschaft immer mehr verändert. Die von uns gewählte Route, links neben der Wolga hat zum Nachteil, dass sie sich immer wieder vom Fluss entfernt und uns ins heiße und vertrocknete Steppengebiet  führt.
Erstmals auf der Reise tritt die Situation ein, dass wir in alle Richtungen nichts als Steppe sehen.
Neben den unzähligen toten und auch lebenden Schlangen, die wir Tag täglich sehen wird die immer größer werdende Hitze zu meinem zweiten Problem. Gnadenlos brennt die Sonne auf uns herab, es gibt kaum Möglichkeiten im Schatten Schutz zu suchen. Ab und an haben wir das Glück zur Mittagszeit ein Bushaltestellenhäusschen zu finden, dann machen wir immer eine längere Pause und verbringen die heißesten Stunden des Tages schlafend.

eine typische Mittagspause 

Oft ist es jedoch so, dass man vergebens nach Schatten Ausschau hält, so fahren wie auch in der größten Hitze. Der leichte Fahrtwind, der uns umweht  macht die Zeit am Rad erträglicher als das Nichtstun in der prallen Sonne.
Am zweiten Tag nach Akthubinsk ist es so schlimm, dass ich gegen späten Nachmittag Kopfschmerzen bekomme, wir halten an und bauen das Zelt auf. Wir sitzen beide ganz benommen im zwei Quatratmeter kleinen Zeltschatten und warten darauf, dass es kühler wird. Elias erzählt mir, dass auch er schon des öfteren Hitze bedingte Kopfschmerzen hatte. Nach zwei Stunden schaffen wir es endlich mit dem Kochen zu beginnen. Es gibt Buchweizen mit Gemüse!
In Wolgograd haben wir unseren Gasvorrat aufgestockt, wir werden jetzt wieder öfters kochen.
Nach insgesamt fünf Tagen fahren wir nun endlich in Astrachan, der letzten Stadt in Russland ein. Es ist komisch, wenn man keine Unterkunft in Aussicht hat verdrängt man den Gedanken an eine Dusche und fährt gut und gern zehn, elf Tage durch, wenn man aber weiß, dass einen in zwei drei Tagen eine Dusche erwartet ist der letzte Tag unerträglich, man fühlt sich ungemein schmutzig und kann es kaum erwarten sich zu waschen.
Mit der Dusche im Hinterkopf schlängeln wir uns durch das Verkehrschaos bis zur Wohnung von Jylia, unserer Gastgeberin.
Mit einem Essen werden wir herzlichst von Jylia empfangen, sie und vierjähriger Sohn wohnen in einem Hochhaus am Rande der Innenstadt von Astrachan. Ihr Mann kommt nur alle zwei Monate nach Hause, da er auf einer Ölplattform im kaspischen Meer arbeitet.

eines der vielen köstlichen russischen Mahlzeiten 

Die Zeit in Astrachan nützen wir um einige Erledigungen und um etwas Sightseeing zu  machen. Besonders der weiße Kreml sticht hervor und wird uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben, ein wirklich eindrucksvolles Gebäude.

der weiße Kreml 

Am zweiten Tag treffen wir Mary und Maxim wieder, sie sind für einen Geschäftstermin kurzfristig nach Astrachan gefahren. Gemeinsam erkunden wir die, noch für uns unbekannten, Ecken der Stadt und gehen Kaffee trinken.
Am Abend kaufen wir dann auch noch einen, von uns schon sehr vermissten, Stick für unsere Action Kamera.

Am Nachmittag des nächsten Tages geht es für uns auch schon weiter zur kasachischen Grenze. Es sind noch um die 70 Kilometer zu fahren, wir planen bis kurz vor die Grenze zu radeln und morgen dann in das sechste Land auf unserer Reise einzureisen. Als wir am Abend in einem Mini Markt unsere Essensvorräte auffüllen, sehen wir ein österreichisches Bier im Kühlregal stehen! Man fährt mehrere tausende Kilometer von der Heimat weg und plötzlich sieht man österreichisches Bier, und das mitten in der Pampa. Ein sehr surrealer Moment für uns beide!
Normalerweise kaufen wir nur lokale Produkte ein, aber in diesem Fall können wir nicht anders und "sündigen".
Als am Abend die Sonne untergeht trinken wir das Bier und denken darüber nach wie weit wir schon gekommen sind und was uns wohl noch alles erwarten wird.

Wenn du das auch wissen willst freue dich auf den nächsten Blogeintrag.


до скорого
Fabio

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