Montag, 10. Juni 2019

Erste Härteproben

Nachdem wir einige Tage in Wolgograd verbracht haben ist es jetzt wieder Zeit weiter zu fahren. Wir haben nicht wirklich Ahnung was uns die letzten knappen 450 Kilometer entlang der Wolga bis nach Astrachan erwarten wird.
Auf den Bildern von Google Maps sieht alles sehr grün und saftig aus.
Als wir gerade packen kommt unser Gastgeber zu uns ins Zimmer gibt uns ein großes Sackerl voll mit Proviant und sagt uns, dass er eine Freundin in Astrachan hat, bei der wir übernachten können. Als wäre das nicht schon toll genug schreibt uns diese wenig später, dass sie Bekannte in Akhtubinsk, einer kleinen Stadt zwischen Wolgograd und Astrachan, hat, die wir ebenfalls besuchen können.

Begleitet von unseren Gastgebern Yury und Alex fahren wir über die sieben Kilometer lange "Wolgograd Brücke" auf die andere Seite der Wolga und hinaus aus der Stadt.

auf nach Astrachan! 

Schon im Vorfeld haben wir erfahren, dass es entlang der Wolga von Schlangen nur so wimmeln soll. Da Schlangen nicht gerade zu meinen Lieblingstieren zählen, fahre ich mit einem mulmigen Gefühl los. Es dauert auch nicht lange bis wir das erste tote Tier am Straßenrand sehen. Das sollte sich, wie ich in den kommenden Tagen erfahren werde, auch bis Astrachan nicht mehr ändern.
Da wir ja planen einen Zwischenstopp in Akthubinsk zu machen, wählen wir die Strecke links neben der Wolga, sie ist zwar etwas länger, dafür aber nicht so stark befahren wie die E119 auf der anderen Seite.
Nach nur zwei Tagen kommen wir in Akthubinsk an. Kurz vor der Stadt, als wir gerade Halt machen wollen um unseren Gastgebern zu schreiben wo genau wir denn hin müssen, fängt es auf einmal an zu regnen. Aber es ist kein gewöhnlicher Regen! Es schüttet wie noch nie zuvor, binnen weniger Sekunden sind wir klatschnass! Das Wasser rinnt uns in Strömen über das Gesicht und mindert unsere Sicht, die Regentropfen prasseln mit einer solchen Wucht auf uns herab, dass es sich anfühlt wie tausende Stiche im Rücken. Wir fahren noch circa fünf Minuten bis wir eine Tankstelle finden, bei der wir uns unter stellen und Schutz suchen. Es gibt keine trockene Stelle mehr an unseren Körpern, es ist als wären wir in voller Montur in einen See gesprungen.
Nach insgesamt zwanzig Minuten ist der ganze Spuk aber auch schon vorbei und die Sonne strahlt wieder vom Himmel. Im großen und ganzen war es eine angenehme Abkühlung.
Unsere Gastgeber holen uns mit dem Auto an der Tankstelle ab und wir fahren Ihnen hinterher, leider haben wir im Durcheinander des Regens unseren Stick für die Action Kamera verloren. Das ist ziemlich ärgerlich, jetzt müssen wir irgendwo einen neuen auftreiben.
Nach einer Dusche erkunden wir, begleitet von unseren Gastgebern Mary und Maxim die kleine Stadt Akthubinsk.

das Rathaus von Akthubinsk 

ein Denkmal für verstorbene Militärpiloten

Am Abend will Mary uns einen kleinen Vorgeschmack auf Tokyo geben und bestellt bei einem japanischen Restaurant Sushi. Dazu gibt es Wein, sehr lecker!

Mary und Maxim


Der nächste Morgen beginnt mit einer weiteren Überraschung, Maxim und Mary sind selber begeisterte Radler und besitzen ein kleines Sportgeschäft, Maxim bietet uns an unsere Räder einem kleinen Service zu unterziehen und sie auf Herz und Nieren zu untersuchen. Dieses Angebot nehmen wir natürlich dankend an.

Maxim bring unsere Räder auf Vordermann 

Gegen 11 Uhr am Vormittag geht es aber auch schon weiter. Wir haben ja nur ein 30 Tages Visum und wollen nicht am eigenen Leib herausfinden was passiert, wenn man es selbständig "verlängert".

Die nächsten Tage sind wir sehr gut unterwegs, wir fahren zwischen 80 und 100 Kilometern am Tag. Es ist fantastisch zu sehen wie sich die Landschaft immer mehr verändert. Die von uns gewählte Route, links neben der Wolga hat zum Nachteil, dass sie sich immer wieder vom Fluss entfernt und uns ins heiße und vertrocknete Steppengebiet  führt.
Erstmals auf der Reise tritt die Situation ein, dass wir in alle Richtungen nichts als Steppe sehen.
Neben den unzähligen toten und auch lebenden Schlangen, die wir Tag täglich sehen wird die immer größer werdende Hitze zu meinem zweiten Problem. Gnadenlos brennt die Sonne auf uns herab, es gibt kaum Möglichkeiten im Schatten Schutz zu suchen. Ab und an haben wir das Glück zur Mittagszeit ein Bushaltestellenhäusschen zu finden, dann machen wir immer eine längere Pause und verbringen die heißesten Stunden des Tages schlafend.

eine typische Mittagspause 

Oft ist es jedoch so, dass man vergebens nach Schatten Ausschau hält, so fahren wie auch in der größten Hitze. Der leichte Fahrtwind, der uns umweht  macht die Zeit am Rad erträglicher als das Nichtstun in der prallen Sonne.
Am zweiten Tag nach Akthubinsk ist es so schlimm, dass ich gegen späten Nachmittag Kopfschmerzen bekomme, wir halten an und bauen das Zelt auf. Wir sitzen beide ganz benommen im zwei Quatratmeter kleinen Zeltschatten und warten darauf, dass es kühler wird. Elias erzählt mir, dass auch er schon des öfteren Hitze bedingte Kopfschmerzen hatte. Nach zwei Stunden schaffen wir es endlich mit dem Kochen zu beginnen. Es gibt Buchweizen mit Gemüse!
In Wolgograd haben wir unseren Gasvorrat aufgestockt, wir werden jetzt wieder öfters kochen.
Nach insgesamt fünf Tagen fahren wir nun endlich in Astrachan, der letzten Stadt in Russland ein. Es ist komisch, wenn man keine Unterkunft in Aussicht hat verdrängt man den Gedanken an eine Dusche und fährt gut und gern zehn, elf Tage durch, wenn man aber weiß, dass einen in zwei drei Tagen eine Dusche erwartet ist der letzte Tag unerträglich, man fühlt sich ungemein schmutzig und kann es kaum erwarten sich zu waschen.
Mit der Dusche im Hinterkopf schlängeln wir uns durch das Verkehrschaos bis zur Wohnung von Jylia, unserer Gastgeberin.
Mit einem Essen werden wir herzlichst von Jylia empfangen, sie und vierjähriger Sohn wohnen in einem Hochhaus am Rande der Innenstadt von Astrachan. Ihr Mann kommt nur alle zwei Monate nach Hause, da er auf einer Ölplattform im kaspischen Meer arbeitet.

eines der vielen köstlichen russischen Mahlzeiten 

Die Zeit in Astrachan nützen wir um einige Erledigungen und um etwas Sightseeing zu  machen. Besonders der weiße Kreml sticht hervor und wird uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben, ein wirklich eindrucksvolles Gebäude.

der weiße Kreml 

Am zweiten Tag treffen wir Mary und Maxim wieder, sie sind für einen Geschäftstermin kurzfristig nach Astrachan gefahren. Gemeinsam erkunden wir die, noch für uns unbekannten, Ecken der Stadt und gehen Kaffee trinken.
Am Abend kaufen wir dann auch noch einen, von uns schon sehr vermissten, Stick für unsere Action Kamera.

Am Nachmittag des nächsten Tages geht es für uns auch schon weiter zur kasachischen Grenze. Es sind noch um die 70 Kilometer zu fahren, wir planen bis kurz vor die Grenze zu radeln und morgen dann in das sechste Land auf unserer Reise einzureisen. Als wir am Abend in einem Mini Markt unsere Essensvorräte auffüllen, sehen wir ein österreichisches Bier im Kühlregal stehen! Man fährt mehrere tausende Kilometer von der Heimat weg und plötzlich sieht man österreichisches Bier, und das mitten in der Pampa. Ein sehr surrealer Moment für uns beide!
Normalerweise kaufen wir nur lokale Produkte ein, aber in diesem Fall können wir nicht anders und "sündigen".
Als am Abend die Sonne untergeht trinken wir das Bier und denken darüber nach wie weit wir schon gekommen sind und was uns wohl noch alles erwarten wird.

Wenn du das auch wissen willst freue dich auf den nächsten Blogeintrag.


до скорого
Fabio

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6 Kommentare:

  1. Buh, jetzt habt ihr lange nichts mehr von euch berichtet, also hier im Blog. Gott sei Dank seid ihr gesund und munter, paßt auf euch auf. Bin schon auf den nächsten Bericht gespannt. Ich verfolge euch ja auch auf Instagram. LG Sabine

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  2. Ja das tut uns leid, wir sind leider nicht dazu gekommen. Der nächste Eintrag wird aber nicht so lange auf sich warten lassen :)

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  3. Eure Berichte sind toll - ich bin sehr begeistert davon und freue mich auch, dass ihr so viele außergewöhnliche Erlebnisse mit uns teilt :) ihr geht so offen und positiv auf alles zu, dass ihr sicher auch weiterhin viele schöne Begegnungen haben werdet - jedenfalls wünsche ich euch das, toi toi toi für die nächsten Etappen!

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  4. Ich verfolge eure außergewöhnlich Radtour immer wieder. Ich wohne in der Nähe von Graz. Ich bewundere euren Mut und Entschlossenheit! Alles Gute für die weiteren Abschnitte

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